Durch Skandinavien auf leisen Pfaden

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Durch Skandinavien auf leisen Pfaden: Florian Heiberger und seine 7.600-Kilometer-Reise mit dem E-Motorrad

Viereinhalb Wochen, 7.600 Kilometer, 84 Ladestopps – mit einem elektrischen Motorrad durch Skandinavien. Was zunächst nach einem Wagnis klingt, wurde für Florian Heiberger zu einer der eindrucksvollsten Erfahrungen seines Lebens. Der Nürnberger zeigt mit seinen Touren, dass nachhaltige Mobilität nicht nur möglich, sondern auch inspirierend sein kann. Im Jahr 2024 umrundete er dann auch Island und die Färöer mit seiner Energica – doch das ist eine andere Geschichte.

Von Christoph Wisberg

Zurück auf zwei Rädern – elektrisch und leise
Für Florian Heiberger war Motorradfahren immer mehr als nur Fortbewegung – es bedeutete Freiheit, Abenteuer, Lebensgefühl. In seiner Jugend erkundete er regelmäßig Europa auf zwei Rädern. Doch 1992 kam der jähe Bruch: Ein enger Freund verunglückte bei einem Motorradrennen in Sizilien tödlich – Heiberger legte den Helm zur Seite. Mehr als 30 Jahre vergingen, ohne dass er ein Motorrad fuhr.
Doch der Wunsch, sich wieder auf den Sattel zu schwingen, kam zurück – diesmal unter neuen Vorzeichen: elektrisch, nachhaltig, zukunftsgerichtet. Florian Heiberger wollte kein Benzin mehr verbrennen, sondern beweisen, dass große Touren auch elektrisch möglich sind. Die Suche nach dem passenden Motorrad war nicht einfach. Erste Versuche mit einem Modell des US-Herstellers Zero Motorcycles scheiterten an technischen Problemen und zu langen Ladezeiten.Die Lösung fand er schließlich in Italien: Die Energica Eva SS9 überzeugte ihn mit Design, Leistung – und vor allem mit ihrer DC-Schnellladetechnologie. In nur 40 Minuten lässt sich der Akku voll aufladen. Für eine Reise, bei der Zuverlässigkeit zählt, war das der entscheidende Faktor.

 
Route mit Strategie – auf Ladesäulen statt Tankstellen gebaut
Heiberger plante seine Tour sorgfältig: Von Nürnberg aus ging es zunächst über Travemünde per Fähre ins lettische Liepāja. DDen ursprünglich geplanten Landweg durch Polen und Litauen verwarf er – zu weit die Distanzen zwischen den Ladesäulen.
Mit Hilfe von Google Maps, einer Wander-App und vor allem der App Chargefinder suchte er gezielt nach CCS-Schnellladestationen, die schnelles Weiterkommen ermöglichen. Besonders beeindruckt war Heiberger vom hohen Ausbaustand der Ladeinfrastruktur in Finnland und Norwegen: „In Lappland oder auf den Lofoten gibt es mehr CCS-Ladesäulen als in meiner Heimatstadt Nürnberg“, sagt er – nicht ganz ohne ein Augenzwinkern.

Schwer beladen – und trotzdem entspannt unterwegs
Die Tour war nicht ohne Herausforderungen. Die Energica bringt 300 Kilogramm auf die Waage – ohne Gepäck. Zelt, Hängematte, Ladeausrüstung: Alles musste mit. Offroad-Strecken waren bei diesem Gewicht kaum zu bewältigen. Dennoch war das Fahren für Florian Heiberger ein Genuss – ruhig, vibrationsfrei, entschleunigt. Dank der Ladepausen – alle 100 bis 150 Kilometer – ergab sich ein ganz eigener Rhythmus: entspannt, fokussiert, präsent. Statt Dauerstress auf der Autobahn: Zeit für Pausen, für Gespräche mit Einheimischen, für Kaffee an Tankstellen oder Supermärkten. Er schaffte täglich zwischen 300 und 500 Kilometer, abhängig von Wetter, Gelände und Tempo.

 

Begeisterung trifft Gastfreundschaft
Was Heiberger besonders bewegte, waren die Begegnungen unterwegs. In Skandinavien sei er oft auf Interesse und echte Neugier gestoßen – vor allem in Finnland, wo Motorräder offenbar echte Begeisterung auslösen. „Ich könnte der Erste gewesen sein, der komplett elektrisch durch Finnland gereist ist“, vermutet er. In Lappland brach der Seitenständer – Kommunikation mit der Werkstatt war nur mit Händen und Füßen möglich. Doch am Ende wurde das Problem kostenlos behoben – ein Beispiel von vielen für die Hilfsbereitschaft, die ihm auf der Reise begegnete. Selbst bei defekten Ladesäulen oder unverständlichen Anleitungen auf Lettisch stand sofort jemand bereit, um zu helfen.

Elektromobilität als gelebte Alternative
Für Florian Heiberger ist die Elektromobilität kein Selbstzweck, sondern ein Beitrag zur Zukunft. Während viele demonstrieren, versucht er, Menschen durch gelebte Erfahrungen zu überzeugen: Eine emissionsfreie Tour muss kein Verzicht sein – sie kann im Gegenteil bereichern. „Es war teilweise so schön, dass mir die Tränen kamen“, erinnert er sich.

Fazit einer elektrisierenden Reise
Nach 7.600 Kilometern, 84 dokumentierten Ladepunkten und unzähligen Eindrücken steht fest: Es war erst der Anfang. Im Jahr 2024 umrundete Florian Heiberger bereits Island und die Färöer mit seiner Energica – doch das ist eine andere Geschichte. Die Skandinavienreise hat ihm gezeigt, dass Nachhaltigkeit und Abenteuerlust keine Gegensätze sind. Und dass es gerade in der Stille, im entschleunigten Reisen, möglich ist, die Welt auf ganz neue Weise zu erfahren – elektrisch, leise und intensiv. acdc.bike


Mehr zur Tour, Kartenmaterial, Videos und Erfahrungsberichte folgen bald auf special-e.de.

Fotos: ©HEIBERGER.WORK

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